Schlüsselblume

Phytotherapie / Signaturenlehre und Spagyrik

Edles und Erfolgreiches gegen Erschöpfung

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Eine erste Übersicht über wirkungsvolle Strategien

Martina Schneider im Magazin COMED

Wer erschöpft ist, sich ver- statt gebraucht fühlt, der könnte mit einer edlen Arznei gesunden: der Rose. Der arabische Arzt Avicenna (um 980 bis 1037) schrieb ein ganzes Buch über die Heilwirkung der Rose (Rosa centifolia, Rosa gallica) und vertiefte darin das Wissen, das orientalische und asiatische Heiler bereits seit Jahrtausenden pflegten und weitergaben. Bis heute sind Rosenwasser und Rosenöl wichtige und exquisite Heilmittel, letzeres vor allem in der Aromatherapie: 30 frisch geöffnete Rosenblüten ergeben einen Tropfen ätherischen Rosenöls.

Die Zeichen der Natur entschlüsseln

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Analogiedenken, Meditation und Herzenssprache: Neue Kapitel der Signaturenlehre vertiefen kostbare Momente mit Heilpflanzen

Martina Schneider im Magazin COMED

„Die Natur zeichnet ein jegliches Gewächs zu dem, darzu es gut ist“, fasste im Mittelalter Paracelsus die Signaturenlehre zusammen. Einige Kapitel sind seither dazu geschrieben worden, drei neue sind nun hinzugekommen.

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Von Farbe oder Form auf Wesen und Wirkung einer Pflanze zu schließen, war bereits Ärzten und Heilern im Altertum bekannt, die schriftliche Ausarbeitung der Signaturenlehre und ihre Verbreitung in Europa allerdings ist Verdienst von Paracelsus und seinem italienischen Kollegen Giovan Battista della Porta. Die Zeichen der Natur entschlüsseln: In seinem Buch „Phytognomonica“ zeigt der neapolitanische Arzt und Alchimist della Porta anhand von Signaturen ein komplexes System von Zusammenhängen auf, die zwischen Pflanzen, Tieren und Gestirnen bestehen und Grundlage dafür sind, die Sprache jeder Pflanze lernen zu können. Und zu verstehen, was Alchemie ausmacht, wie sie beschaffen ist.
Dafür braucht es tiefe Kenntnisse um die Entsprechungen zwischen Innen und Außen einer Heilpflanze: Paracelsus stellte die Verbindung her zwischen Farbe und Formen von Blüten, Blättern, Rinden, Wurzeln und Früchten und ihren Ähnlichkeiten mit Organen und Körpersäften. Auch Bodenbeschaffenheit, Geruch, Geschmack, Wachstumsphasen, Lebensdauer oder schlicht erst einmal die Gestalt der Pflanze werden in dieser Arzneilehre beachtet und betrachtet. Mitunter ist es einfach, aus dem Namen der Heilpflanze ihre Signatur zu erkennen – Pulmonaria officinalis beispielsweise, das Lungenkraut – oder aus ihrer Farbe: die rote Traube, rot wie Blut und gut für Durchblutung und Gefäße.

Jeder Therapeut, der sich in eine bestimmte Pflanze vertieft, spricht auf eine andere Weise mit ihr und leitet aus diesem Gespräch seine Empfehlung für den Patienten ab. Doch gleich, welches Ergebnis sein Gespräch hat, wie der Therapeut es einordnet und welche Schlüsse er daraus zieht: Das Wesen der Pflanze bleibt dasselbe, wie sonst könnte sie individuell zu bestimmten Heilzwecken eingesetzt werden. Allerdings kann etwas Schönes passieren: Je mehr der Therapeut mit der Pflanze spricht, erkennt er eine zusätzliche, eine neue Heilwirkung.

Denken in Analogien

„Unser heutiges Weltbild ist in vielen Teilen sehr weit von einer direkten, nachvollziehbaren Naturbeobachtung entfernt“, sagt die Biologin und Heilpraktikerin Svenja Zuther. Von dem naturverbundenen Weltbild unserer Vorfahren seien nur noch Bruchstücke erhalten: „Ergänzt man sie jedoch mit intensiven eigenen Beobachtungen der Natur und übt das Denken in Analogien, lässt sich eine für unsere Kultur und Natur stimmige Kosmologie wieder herausarbeiten.“ Dozenten für Signaturenlehre wie Zuther und der Heilpraktiker Olaf Rippe nutzen hierfür Anhaltspunkte aus der antiken, germanischen und keltischen Mythologie, den Lehren der Hermetik und der verwandten Alchemie sowie der Astrologie. Und natürlich aus dem reichen Schatz der „Paracelsus-Medizin“, der traditionellen abendländischen Medizin, die mit drei übereinander gelagerten Systemen von Entsprechungen arbeitet: den „Tria Principia“ (Sal, Sulfur und Mercurius), den vier Elementen (Erde, Feuer, Wasser, Luft) und den sieben Planeten (Mond, Merkur, Venus, Sonne, Mars, Jupiter, Saturn).
„Die nach den sieben Planeten benannten Grundprinzipien können in Verbindung mit den verschiedenen Entwicklungsphasen des Lebendigen gesehen werden“, fasst Zuther ihr Ordnungssystem zusammen, „mit dem Kommen und Gehen, dem Wachsen, dem Blühen und Fruchten.“ Diese Phasen eignen sich besonders gut, „um die Beziehungen zwischen Pflanzen und Menschen zu erfassen“.

Die Botschaft erfassen

Wer Pflanzen entdeckt, entdeckt Göttinnen, die, lebendig in den Alltag eingebunden, ihn jeden Monat im Jahr anders und wie neu beschenken: In diesem Ordnungssystem ist die Heilpraktikerin Ursula Stumpf zu Hause. Jede Pflanze, aus deren Naturkraft sie schöpft, hält (mindestens) eine Botschaft für den Betrachter bereit, aus sich heraus und von der Göttin, die hinter ihr steht. So hat Stumpf beispielsweise die Erdgöttin Ostara „ausgegraben“, die im März diejenigen begleitet, die ihre Fähigkeiten entfalten möchten. Dabei hilft ihnen die zartgelb blühende Schlüsselblume. Oder Perchta, die Göttin der Raunächte, deren Credo: „Nutze die Dunkelheit und ihre Geborgenheit, gib allem, was du fühlst und ahnst, eine Bedeutung“ im Dezember Kraft gibt und weckt. Im Verbund mit immergrünen Heilpflanzen wie Efeu und Mistel.

Ob in intuitiver oder meditativer Kommunikation: Der Sinn der Botschaft lässt sich erfassen, wenn man sich auf die Pflanze einlässt und sie mit allen Sinnen wahrnimmt.

„Der Wandel in der Natur inspiriert und hilft, den eigenen Rhythmus zu finden“, gibt Stumpf dem Wanderer durch Monate und Jahreszeiten mit auf den Weg.

Mit dem Herzen sprechen

Der innere Heilgarten ist Ordnungssystem des Arztes Markus Sommer, zu schauen, wann genau eine Pflanze präsenter erscheint als andere und aus welchem Grund eine Pflanze im Moment wohl die geeignetste ist, um Beschwerden zu lindern oder zu beheben. Nicht nur über die Sinne, sondern auch über eine herzliche und Herz erwärmende Kommunikation lässt sich die Beziehung zwischen dem Wesen der Pflanze und ihrer Heilwirkung erkunden und vertiefen. Auf körperlicher Ebene genauso wie auf seelisch-geistiger.

Die Zwiebel beispielsweise spendet Wärme, wenn es etwas zu verdauen gibt, die Schafgarbe schafft wieder Ordnung nach Verletzung, die Schlüsselblume schenkt Freiheit, indem sie Festsitzendes löst und in den Fluss des Lebens bringt, Rosmarin lässt Müdigkeit, Lethargie verschwinden und löst Spannung auf. Sommer ist bekannten wie noch unbekannten Kompositionen auf der Spur: „Wenn man geduldig eine Pflanze im Jahresverlauf erlebt, sich in ihre Erscheinung vertieft und sie immer wieder im Inneren lebendig werden lässt, aber auch die vielen Einzelheiten studiert, die man bis in die stoffliche Zusammensetzung hinein erfahren kann, dann können immer mehr Töne des Liedes wahrnehmbar werden, bis sich eine Melodie erahnen lässt.“

Im Dialog mit Löwenzahn

„Keine Vase will dich. Keine Liebe wird durch dich erhellt. Aber deines Samens reine Kugel träumt wie eine Wolke, wie der Keim der Welt.“[1]

Langsam ändert sich das Bild. Denn der „sonnige Kraftprotz und zarte Himmelsstürmer“[2] bahnt sich unbekümmert seinen Weg. Wenn im April die strahlenden Löwenzahnblüten erscheinen, „dann ist es, als hätte die Erde selbst lauter kleine Sonnen hervorgebracht“. Ist die Blüte auch irgendwann verblüht, bleibt die Freude – der wie Kristalle geordneten Schirmchen wegen, die sich im zarten Wind in den Himmel erheben. Zwischen beiden: die Blattrosette. Kein Blatt gleicht dem anderen, es scheint wirr und zerzaust. Wie geordnet dagegen die „Pusteblume“. Doch gleich in welchem Stadium Taraxacum officinale gerade ist, eines bleibt, nämlich die ungebremste Kraft, die in ihm steckt. Selbst durch Asphalt bricht er sich Bahn. „Insgesamt erleben wir, wie der Löwenzahn in sich eine Polarität zum Ausgleich bringt“, sagt Markus Sommer, „Erdverbundenheit, Kraft und Vitalität auf der einen, Himmelszugewandtheit, Zartheit und kristalline Form auf der anderen Seite.“ Diese Ausgeglichenheit beschert (Neu-) Ordnung: Während der Mensch entgiftet und entschlackt, wird der Stoffwechsel reguliert und die Haut ins Gleichgewicht gebracht.

„Setz dich zu mir auf die Erde und spiele Löwenzahn. Du wirst Dich wohlfühlen hier unten, gut verwurzelt, zwischen all meinen Blütengeschwistern. Alle tanzen hier im Sonnenlicht. Du meinst, wer so fest verwurzelt ist, kann nicht tanzen? Doch, das geht. Schließe deine Augen und höre auf Deine innere Musik.“[3] Erde und Magie liegen ihr im Blut, der walisischen Göttin Blodeuweed ebenso wie der Heilpflanze Löwenzahn. Taraxacum – aus dem Griechischen übersetzt: Ich heile die Störung. Aus dem Persischen übertragen: Bitteres Kräutlein, das auf dem Basar verkauft wird. Beiden gemeinsam: Es ist eine höchst potente Heilpflanze, die, sonnigen Gemüts, gerne ihre Lebenskraft an den Menschen weitergibt, hat Ursula Stumpf festgestellt.

Literatur:

Svenja Zuther: Die Sprache der Pflanzenwelt. AT Verlag Aarau/München, 2010

Ursula Stumpf: Pflanzengöttinnen und ihre Heilkräuter. Franckh-Kosmos Verlag Stuttgart, 2010

Markus Sommer: Heilpflanzen – Ihr Wesen, ihre Wirkung, ihre Anwendung. Verlag Freies Geistesleben & Urachhaus Stuttgart, 2011


[1] Josef Weinweber, zitiert in Richard Willfort: Gesundheit durch Heilkräuter, Rudolf Trauner Verlag, Linz/Österreich, 1975

[2] Aus Markus Sommer: Heilpflanzen – ihr Wesen, ihre Wirkung, ihre Anwendung

[3] Aus Ursula Stumpf: Pflanzengöttinnen und ihre Heilkräuter

Spagyrik / Physiotherapie / Signaturenlehre

Gewürze schenken Harmonie

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Martina Schneider im Magazin Naturheilpraxis

Für eine erfüllende Reise zu sich selbst, zu Ausgeglichenheit, Ruhe und Stärke braucht es weder lange Planung noch große Vorbereitung. Ein spontaner Ausflug in die Welt heilkräftiger Gewürze reicht oftmals schon, um in Balance zu kommen und seinen inneren Reichtum zu spüren.

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Honig beruhigt Gedanken

Mehr als 500 Honigarten sind inzwischen bekannt, der teuerste ist der reine Wabenhonig. Aus Fruchtzucker, Rohrzucker, Glucose, Pollen, Eiweißen, organischen Säuren, Enzymen und Wasser setzt sich Honig zusammen. Vermutet wird, dass der Honig so alt ist wie die Menschheit, um Nahrung zu würzen oder zu süßen. Die Germanen brauten ihr berauschendes Met aus Honig und Wasser und nannten es den Trank der Götter. Für manch einen mag Letzteres heute noch der Fall sein, kein Wunder bei so viel Leistung, die Honig vollbringen kann.

Gewürzheilkundler schätzen vor allem den hell- bis dunkelbraunen Waldhonig, kräftig im Geschmack mit leicht herber Note. Es ist ein Honig aus Honigtau, dessen Herkunft nicht überwiegend von einer Baumart stammt. Schild- und Rindenläuse saugen den Saft von Tanne, Fichte, Douglasie oder Kiefer und verdauen den Saft nur unvollständig, den süßen Rest scheiden die Läuse aus, der wiederum gerne von Bienen eingesammelt wird. So kommt ein Anteil Nektar aus Blütenpflanzen in den späteren Honig.

Beruhigend wirkt er bei überreizten Menschen, stärkend bei Rekonvaleszenten, zugleich hilft er beim Entgiften. Gedanken und Gefühle, die den Menschen nicht nur Ruhe kommen lassen und ihm Stress bereiten, können mit der Einnahme von Honig reguliert werden: Während der Mensch langsam wieder in die innere Ruhe hineinfindet, indem sich der Atem harmonisiert, baut sich der Stress des Tages ab. Klostermediziner empfehlen: Honig, in Maßen gegessen, schenkt nicht nur Ruhe, sondern auch Energie und Kraft. Damit hilft er auch, in Zeiten der Entspannung die Erholungseffekte zu vertiefen.

Kardamom stärkt Liebe zu sich selbst

Im betörenden Duft der Kardamomsamen kann man sich verlieren. Die „Leipziger Drogenkunde“ aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts berichtet bereits über Kardamom: „Es hat Kraft zu stärken durch seinen Wohlgeruch und löst durch seine Qualitäten auf.“

Elettaria cardamomum aus der Familie der Lippenblütler ist eine Staude, die Schilf ähnelt und am liebsten in den feuchten Bergwäldern Indiens wächst. Dünn und wie Papier ist die Kapselfrucht, in der dunkle Samen sitzen, die erst drei oder vier Jahre nach dem Einsetzen der Staude geerntet werden. Während der Erntezeit steht die Pflanze unter ständiger Beobachtung, denn sollten die Früchte reif werden, springen sie auf und die kostbaren Samen werden vom Wind verweht. Der Aufwand erklärt, warum Kardamom schon in der Antike als „Königin der Gewürze“ bekannt war und heute noch eines der teuersten Gewürze der Welt ist neben Safran und Vanille.

Grün oder weiß, auf jeden Fall groß wie eine Haselnuss sind die Kapselfrüchte, die es zu kaufen gibt, ihre Samen, die ätherisches Öl, viel Stärke, Eiweiß und Zucker enthalten, werden erst kurz vor Gebrauch entnommen und zu Pulver gemahlen. Übrigens: Der braune Kardamom, den es ebenfalls zu kaufen gibt, hat kaum Geschmack und nur wenig heilende Wirkung.
Kardamom harmonisiert Stoffwechsel und Hormonhaushalt, was sich – wie der berauschende Duft – positiv auf das limbische System auswirkt. Wer oft mit sich hadert, sich selbst nicht leiden mag und sich so, wie er ist, nicht akzeptieren kann, hat mit Kardamom ein Mittel in der Hand, das negative Gedanken, denen negative Gefühle folgen, auflösen kann. So wird der Weg zu sich selbst wieder frei und zu dem, was man an sich mag und schätzt.
In der ayurvedischen Medizin wird Kardamom verordnet, wenn nicht nur der Magen, sondern der ganze Mensch verstimmt ist. Denn Elettaria cardamomum bringt die klare Sicht zurück auf das, was wirklich wichtig ist: die Liebe zu sich selbst, die Liebe zu anderen. Folgerichtig gilt das Heilgewürz auch als Aphrodisiakum und Potenz steigerndes Mittel.

Kreuzkümmel vertreibt Unzufriedenheit

Ambivalenz kann hilfreich sein: Kreuzkümmel regt gleichzeitig an und ab. Ayurvedische Ärzte machen sich dies zu nutze, indem sie Cuminum cuminum nicht nur bei Verdauungsbeschwerden verordnen, sondern auch bei Unzufriedenheit. Denn der Mensch, der unzufrieden ist, leidet an Energiemangel und kann so kaum etwas in seinem Leben ändern, um zufrieden(er) zu werden; das ärgert ihn oder macht ihn wütend mit der Folge, dass es ihm an innerer Ruhe mangelt, was auch wieder an den Kräften zehrt. Diesen Teufelskreis durchbrechen helfen: die Erkenntnis, was existenzielles Bedürfnis und was verzichtbarer Wunsch ist, die Einsicht, wann es sich lohnt, für etwas zu kämpfen, und wann nicht. Und eben Kardamom.
In seinen inneren Frieden zu kommen, macht zufrieden, gesund, klug. Hildegard von Bingen meint den Kreuzkümmel, wenn sie schreibt, dass er dem Gesunden guten Verstand bereite.[1]

Kreuzkümmel ist nicht gleich Kümmel, auch wenn die Namensähnlichkeit anderes vermuten lässt. Diese wiederum ist wohl darin begründet, dass die Früchte beider Pflanzen fast gleich aussehen. In ihrer Heilwirkung jedoch unterscheiden sich beide erheblich voneinander. Cuminum cuminum war bereits in der Antike bekannt: Ägyptische Köche würzten Speisen gerne mit Kreuzkümmel, der erfahrungsgemäß Durchfall vorbeugt oder eine Diarrhoe stoppt.
Ebenso verwenden Heiler nach wie vor Cuminum cuminum, um Atembeschwerden von Lungenkranken zu lindern und um die Durchblutung für ein „blühenderes Aussehen“ anzuregen bei Patienten, die an einer Anämie leiden. Um in den vollständigen Heilgenuss zu kommen, empfiehlt es sich, Kreuzkümmel nicht als fertig gemahlenes Pulver zu kaufen, denn die ätherischen Öle sind größtenteils verflogen.

Liebstöckel sorgt für Entspannung

„Liebstöckel, kräftiges Kraut, dich zu nennen im duftenden Dickicht heißt mich die Liebe, mit der ich im Gärtchen alles umfasse.“ Wahlafried Strabo, im 9. Jahrhundert Abt des Benediktinerklosters auf der Insel Reichenau und Verfasser des Hortulus – seines Buches über die Klostermedizin des frühen Mittelalters.

„Es macht einen guten Magen, vertreibt die Winde und entspannt!“, lobte einst der Leibkoch von Kaiser Karl dem Großen den „Sauerkrautwurz“. Unter diesem Namen ist Liebstöckel seit dem frühen Mittelalter bekannt. Pseudonyme wie Nervenkräutel geben Auskunft, dass getrocknete Blätter der Pflanze mehr können, als Suppen und Krautspeisen verdauungsfördernd zu würzen.
Levisticum officinale aus der Familie der Doldenblütler ist in Südeuropa zu Hause. Blätter und mitunter auch Früchte des Liebstöckels werden als Gewürz verwendet, für die Arzneidroge ist meistens die Wurzel, manchmal das ganze Kraut wertvoll. Erst im zweiten Lebensjahr der Pflanze werden die Wurzeln gegraben, gereinigt und gut getrocknet, die für Teemischungen verarbeitet werden oder Likören und Magenbittern zusätzliche Würze geben.

Bei Menstruationsbeschwerden kann Levisticum officinale gute Dienste leisten. Hilfreich sind Tees auch für Migränepatienten, indem sie Schmerzen lindern. Die Nerven beruhigen, tief entspannen und allgemein kräftigen tun sie überdies, was zu besserem Schlaf und zu angenehmeren Träumen führt. Wer den Wunsch nach einer Kur verspürt, dem sei empfohlen, Liebstöckel über einen Zeitraum von vier Wochen täglich begleitend einzusetzen zu Autogenem Training, Muskelrelaxation nach Jacobsen, Achtsamkeitsübungen oder Meditation.
Die Durchblutung wird verbessert und gesteigert, was seit dem Mittelalter für Diskussionen sorgt: Steigert Liebstöckel, nomen est omen, nun die Potenz oder nicht? Bis heute gescheitert sind alle Versuche, einen Liebestrank zu brauen. Unstrittig ist dagegen, dass Schwangere Liebstöckel neun Monate lang meiden sollten, da die stärkere Durchblutung der Beckenorgane in dieser Zeit weder erwünscht noch sinnvoll ist.

Äußerlich angewandt, kann das ganze Kraut als Erste Hilfe gegen Ekzeme eingesetzt werden. Es nützt auch demjenigen, der es schlicht zur Hautpflege anwendet, um tief sitzenden Unreinheiten wirkungsvoll zu begegnen.

Für Kelten zählte Liebstöckel zu den besonderen Kräutern, ist in Überlieferungen nachzulesen. Beim Augustvollmond hielt Lug, „Meister aller Künste“, Hochzeit mit der Göttin der Erde. Dieses Fest war Anlass, sämtliche Kräuter zu weihen, die für das kommende Jahr in Haus und Hof, für Gesundheit und Wohlergehen vonnöten waren. Die Frauen weihten diese kräftigen Augustkräuter der Göttin, einen Brauch, den der Missionar Bonifatius zu bannen versuchte. Da aber die Weiber nicht von den Kräutern abließen, wurden diese bald unter die Schirmherrschaft der Muttergottes gestellt.[2] Gesammelt wurden fortan neun Heilpflanzen, um ein reicheres und leichteres Leben zu haben: In das Medizinbündel kamen neben Schafgarbe, Beifuß, Arnika, Ringelblume, Salbei und Dill das Liebstöckel: geschätzt nicht nur wegen seiner Würzkraft, sondern auch als Mittel und Mittler der Liebe. In Böhmen und Bayern entwickelte sich hieraus der Brauch, Liebstöckel ins Badewasser zu geben, um die Attraktivität zu erhöhen, oder ihn bei sich zu tragen, damit man von allen Menschen geliebt werde.

Mazis gibt innere Harmonie

Die Mazisblüte duftet stark, aber aromatisch. Mazis oder Macis ist der getrocknete Samenmantel des Samens der Muskatnussbaumfrüchte, im Geschmack der Muskatnuss ähnlich, jedoch blumiger und feiner. Ein halbes Jahr lang dauert es nach der Blüte des Baumes, bis die Früchte reif sind, die im Aussehen Aprikosen ähneln und in der Form ihres Inhalts: einem großen Kern. Dieser Kern ist der Same, den eine leuchtend rote zerschlitzte Haut umgibt; sie wiederum kommt in Stücken oder gemahlen als Mazisblüte in den Handel.

Während es in der Küche nur einen feinen Unterschied macht, ob mit gemahlenem Mazis oder geriebener Muskatnuss gewürzt wird, ist in der Gewürzheilkunde eine strenge Unterscheidung wichtig: Das eine darf nicht durch das andere ersetzt werden, da der Mazis eine völlig andere Wirkung hat als die Muskatnuss. Letztere ist probates Mittel bei rheumatischen Erkrankungen und Gicht sowie bei Leberproblemen, ersterer dient der Durchblutung.

Hilfreiches Mittel ist Mazis auch bei Hautproblemen, indem er den Teint erfrischt und die Hautdurchblutung fördert. Am besten fügt man Cremes und Lotions prisenweise Mazis bei, als Gesichtswasser bewährt hat sich die Mischung: eine Messerspitze Mazispulver, in heißem Wasser in einer kleinen Waschschüssel aufgelöst.

Arabische Ärzte der Antike setzten Mazis ein, um die Nerven zu stärken und depressive Gedanken zu vertreiben. Als einen Grund für Deprimiertheit sahen sie die fehlende Synthese von Körper, Geist und Seele an, d.h. der Mensch läuft Gefahr, depressiv zu werden, wenn eine Ebene der Persönlichkeit überbetont wird zulasten der anderen beiden. Einseitigen Entwicklungen wirkt Mazis entgegen, da er innere Harmonie und Balance geben kann.

Piment baut Stress ab

Ein Myrtengewächs ist der immergrüne, bis zu neun Meter hohe Pimentbaum, der seine Wurzeln auf den Westindischen Inseln hat. Weil er nach Nelken, Muskat, Pfeffer und Zimt riecht, hat Pimenta dioica auch den Namen Allerleigewürz. Im Sommer trägt der Baum kleine weiße Blüten, die Büschel bilden und deren Fruchtknoten zu Beeren heranwachsen. Sie sind erst grün, später braunrot. Kurz bevor sie die Farbe wechseln und reif werden, müssen sie geerntet werden, sonst ist die Würz- und Heilkraft verloren. Bis zu zwei Wochen trocknen die Pimentbeeren, die am besten ganz und nicht gemahlen gekauft werden und in einer Pfeffermühle gut aufgehoben sind.
1494 entdeckte Kolumbus Jamaika und jenes Gewürz, von dem er annahm, dass es sich um Pfeffer handelt. Pimienta, wie es die Spanier nannten, wurde im Südwesten Europas als Importware schnell beliebt und ab Mitte des 17. Jahrhunderts auch in anderen europäischen Ländern. Den Grund kennt noch niemand: Jedes Experiment, den Pimentbaum jenseits von mittel- und südamerikanischen Tropen anzupflanzen, scheiterte bisher.

Eine Prise gemahlenen Piment auf den Handrücken streuen und ablecken: Einen besseren Digestif gibt es kaum, wenn man mal wieder zu viel gegessen hat. Das Gewürz bringt Harmonie in den gesamten Verdauungsvorgang, unterstützt die Nahrungsverwertung und die Ausscheidung. Schuppen? Haarausfall? Haartonikum oder -shampoo mit Piment wirkt mitunter Wunder.

Eingesetzt wird Pimenta dioica gerne auch bei Menschen, die nervös sind und an Stress und Überforderung leiden. Letztere wird vor allem geboren aus Angst vor Versagen, Perfektionszwang und dem inneren Antreiber, es möglichst allen recht machen zu wollen. Das gesunde Maß der Dinge wieder zu erreichen und zu erkennen, dass man auch mit weniger oder gar keiner Leistung ein wertvoller Mensch ist, stärkt das Selbstwertgefühl und baut Ängste ab.

Senf kräftigt die Abwehr

Schwarzer Senf, brauner Senf, weißer Senf: Medizinisch findet hauptsächlich der schwarze Senf (Brassica nigra) Verwendung. Senfpflanzen wachsen fast überall auf der Welt, werden etwa einen Meter hoch und tragen Schoten mit Samen, die kugelig aussehen. Im Spätsommer sind die Schoten vollreif, bevor sie platzen, werden sie geerntet.

Sobald die Samen mit Wasser in Berührung kommen, entwickeln sie ihr scharfes Aroma. Für die Heilwirkung sind indes die Senföle verantwortlich, die im fertig zu kaufenden Tafelsenf enthalten sind, aber noch mehr in Senfkörnern, die vor Gebrauch frisch gemahlen werden.

Der Römer Plinius der Ältere hat an die 40 Arzneimittel beschrieben, die unter anderem mit Senf hergestellt wurden. Bis ins Mittelalter hinein war Brassica preiswertes und deshalb beliebtes Tischgewürz, das überdies kräftig half, fetten Speisen ihre Schwerverdaulichkeit zu nehmen. An dieser Wirkung hat sich nichts geändert.
Der „Macer floridus“ aus dem 12. Jahrhundert gilt als mittelalterliches Standardwerk der Kräuterheilkunde. Odo Magdunensis, ein Mönch aus dem Loire-Tal, beschrieb in diesem Buch die Heilkräfte von 77 Pflanzen in lateinischen Hexametern. Er rühmt die Wirkungen des Senfs ganz besonders: „Unter den Kräutern, welche Pythagoras lobte, soll er `Sinapis`, dem Senf, den ersten Rang zugewiesen haben. Wärmend und trocknend ist Senf im vierten Grad. (…) Genießt man ihn, schärft er die Sinne.“[3]
Die Zeichen der Natur entschlüsseln, um die Sprache der Pflanzen zu lernen: Von Farbe, Form oder Wirkung der Inhaltsstoffe auf Wesen und Wirkung einer Pflanze zu schließen, ist seit Paracelsus auch in Europa Anliegen von Ärzten und Heilern. Die moderne Signaturenlehre bestätigt: Senf zeigt dank scharfer Inhaltsstoffe Abwehrkraft. Und sie ergänzt: Er ist ein probates Mittel, um die Lebenskraft zu steigern und zu stärken und den Organismus auch auf seelisch-geistiger Ebene von Ballast zu reinigen. So können Senfkörner auch ausgleichend wirken, „wenn Konflikte zwischen Abwehr und Offenheit auftreten, zwischen Anspannung und Entspannung, zwischen Aktivität und Passivität“.[4]


[1] Vgl. Gertrud Scherf: Die geheimnisvolle Welt der Zauberpflanzen und Hexenkräuter, 2007, BLV Buchverlag München

[2] Aus: Claudia Müller-Ebeling, Christian Rätsch, Wolf-Dieter Storl: Hexenmedizin, 4. Auflage 2002, AT Verlag Aarau/CH

[3] Aus: Johannes Gottfried Mayer, Bernhard Uehleke, Pater Kilian Saum: Das große Handbuch Klosterheilkunde, 2005, Verlag Zabert Sandmann München

[4] Svenja Zuther in: Die Sprache der Pflanzenwelt, 2010, AT Verlag Aarau/CH